Liebe ist eines der vielleicht am meisten missverstandenen Konzepte auf dieser Welt.
Wir hören, dass Liebe „alles kann“, dass für sie nichts unmöglich ist und sie die größte Heilkraft von allen darstellt.
Doch wie wendet man das praktisch an?
Wie oft verlieben wir uns in einen Menschen, nur um eine gewisse Zeit später enttäuscht zu sein und uns gegenseitig zu verletzen. Trotz der ganzen guten Vorsätze am Anfang, und trotz der rosigen Sicht auf die Dinge, die wir hatten.
Es wird oft behauptet, dass wir, wenn wir verliebt sind, die rosarote Brille aufhätten – und gemeint ist, dass wir den anderen Menschen nicht so sehen, wie er wirklich ist, sondern wie wir ihn sehen möchten.
Mit dieser Haltung gehen wir davon aus, dass Liebe – zumindest Verliebtsein – blind macht und somit etwas Irreführendes ist. Erst recht, wenn wir immer wieder erleben, dass diese anfängliche Sicht auf den anderen nicht sich halten lässt.
Und was wir in anderen sehen, verstärken wir in ihnen und rufen es hervor! Andere verhalten sich uns gegenüber unseren Erwartungen ihnen gegenüber. Deshalb läuft eine Beziehung ja auch am Anfang so prächtig. Beide sehen das Ideal des anderen und beziehen sich darauf, somit verstärken sie dieses Ideal im Verhalten des anderen.
Was passiert dann? Irgendwann passiert dann etwas, das nicht mehr dem Ideal entspricht. Irgendwann fangen kritische Gedanken an. Diese werden oft durch ein „komisches“ Verhalten des anderen ausgelöst. Er tut etwas Irritierendes. Oder doch nicht?
Wir glauben, dass unsere Gedanken und Gefühle über andere Menschen durch ihr Verhalten ausgelöst werden. Doch die Wahrheit ist: Was wir über andere denken und fühlen, bestimmt (mit) ihr Verhalten!
Wir alle tragen aus unserer Vergangenheit gewisse negative Überzeugungen über Beziehungen, Frauen, Männer, Kinder und was noch alles in uns. Negative Überzeugungen führen so eine Art Eigenleben und haben die Tendenz, sich selbst bestätigen zu wollen. Deshalb suchen wir unbewusst immer wieder nach jedem kleinen Verhaltensfitzel, das unsere negative Sicht bestätigt.
Wenn ich z.B. davon überzeugt bin, dass Männer unzuverlässig sind, wird mit jedes kleines Etwas, das ich als Unzuverlässigkeit auslegen könnte, ins Auge springen, und jedesmal triumphiert meine Überzeugung: „Ha! Wusste ich es doch!“
Die Überzeugung freut sich. Ihr ist es herzlich egal, dass sie vielleicht gerade dabei ist, eine Beziehung zu zerstören. Ihr geht es nur um ihre eigene Selbstbestätigung.
Wie wäre es, wenn ich stattdessen nach Anzeichen für Zuverlässigkeit Ausschau halten würde?! Das Verhalten des anderen positiv interpretieren anstatt negativ?
Es gibt die Theorie, wonach wir uns immer wieder denselben Typ Partner aussuchen, der zu unseren vergangenen Verletzungen passt. Eine andere mögliche Theorie ist aber ebenso: Völlig egal, wen wir uns aussuchen (ob der zu unseren Verletzungen „passt“ oder nicht) – wenn wir uns gemäß unserer alten Verletzungen verhalten und unsere damals in uns einprogrammierten destruktiven Beziehungsmuster ausleben, treiben wir jeden Menschen irgendwann dazu, uns wieder auf dieselbe, altbekannte Weise zu behandeln.
Und wenn Beziehungen eng werden, werden alte Traumata nun einmal reaktiviert und sind oft „schwupps“ wieder da. Du hast es vielleicht auch schon einmal erlebt, dass du plötzlich Verhaltensweisen zeigst, die sich selbst verwundern oder schockieren.
Gemäß der modernen Definition von „Trauma“ trägt jeder von uns das ein oder andere Trauma mit sich herum, denn jeder wurde schon einmal verletzt oder enttäuscht. Wenn dir jemand nahe kommt, wird es unter Umständen aktiviert. Dann hast du dein Verhalten nicht mehr oder nur mit sehr viel Mühe im Griff.
Und das kommt in den besten Kreisen vor.
Es ist also davon auszugehen, dass Menschen sich in Beziehungen an irgendeinem Punkt seltsam verhalten. Dass sie irrational und verletzend werden.
Zwei Dinge kommen zusammen, die sich gegenseitig befeuern.
1. In (engen Beziehungen) besteht immer die Gefahr, dass unsere wunden Punkte aus der Vergangenheit wieder berührt werden und wir in irrationales, verletzendes Verhalten abdriften.
2. Wir sehen den anderen durch die Brille unserer negativen Überzeugungen und legen ihm sein Verhalten schlimmstmöglichst aus.
Solange wir uns vom anderen ausreichend geliebt und sicher fühlen, bleibt das Trauma in der Kiste und kann sich sogar auflösen. Dazu tragen wir bei, indem wir dem anderen sein Verhalten eben nicht nachtragen und nicht schlimmstmöglich interpretieren!!!
Egal also, ob Fall 1 oder 2 zuerst eintritt:
Solche Situationen sind Chancen, in denen wahre Liebe zum Einsatz kommen kann.
Wahre Liebe beschränkt sich nicht darauf, für jemanden warme, kribbelnde Gefühle zu haben und ihm körperlich nah sein zu wollen. In gewissen Beziehungen gehört das dazu und das ist wunderschön :-).
Doch jemanden wirklich zu lieben, heißt, an das Gute und Heile in ihm zu glauben, auch wenn er sich gerade nicht so verhält.
Vielleicht fragst du jetzt: „Soll ich mir etwa schlechtes Verhalten gefallen lassen??? Ich lasse doch nicht auf mir herumtrampeln!“
Damit hast du völlig Recht. Das solltest du definitiv nicht. Doch Tatsache ist, dass du das „schlechte“ Verhalten des anderen am schnellsten abstellst, wenn du das Drama nicht weiter befeuerst und mental an der Sache arbeitest. Du kannst ihn beeinflussen. Das tust du auch die ganze Zeit, wenn du dich über ihn aufregst, anderen von seinem schlimmen Verhalten erzählst und ihm Vorwürfe machst.
Daduch hast du einen Rieseneinfluss – und zwar einen negativen! Du verstärkst das, was du nicht haben willst. Genauso kannst du deinen Einfluss dagegen positiv geltend machen!
Wir alle sind durch ein einziges Bewusstseinsfeld miteinander verbunden. Der andere weiß auf einer unbewussten Ebene ganz genau, was du über ihn sagst und denkst, und darauf reagiert er. Auch wenn es ihm nicht klar ist!
Wenn es ein Mensch ist, in den du einmal verliebt gewesen bist, kannst du versuchen, abzurufen, wie du ihn damals gesehen hast und dich auf dieses Bild von ihm konzentrieren.
Ist dies nicht der Fall, denke einfach an alle guten Eigenschaften des anderen, die dir gerade einfallen.
Ignoriere das verstörende Verhalten, das er gerade an den Tag legt, und sage dir: „Das ist nur seine alte Wunde, das ist nicht er/sie!“
Reagiere nicht. Steig nicht in das Drama ein. Ziehe dich zurück und vertraue darauf, dass der bezaubernde Mensch, den du schon erlebt hast, wieder zurückkommen wird.
Wenn du Spaß daran hast, kannst du ein bisschen Theater spielen:
Stelle dir vor, du bist ein Magier oder eine weise alte Hexe, die in einem großen Zauberkessel rührt und magische Beschwörungsformeln ausspricht. Du weißt, du fühlst, dass das eine Feld des Bewusstseins, das uns alle miteinander verbindet, dich hört. Diese Formeln sind seeehr alt und seeehr kraftvoll. Sie wirken IMMER.
Deine Formel lautet nun: „X (Name der Person) ist nicht so, wie es jetzt scheint. X wahres Selbst ist …. (hier passende Eigenschaften, z.B. liebevoll, rücksichtsvoll, stark). Ich weiß, dass es existiert, denn ich habe es schon selbst erfahren. Dieses Selbst kommt nun wieder zum Vorschein! Ich habe entschieden – so ist es!“
„X wahres Selbst ist liebevoll, einfühlsam, verständnisvoll und vergebend. Ich weiß, dass es existiert, denn ich habe es schon selbst erfahren. Dieses Selbst kommt nun wieder zum Vorschein. Ich habe entschieden – so ist es!
Vielleicht erscheint dir diese Vorgehensweise total verrückt.
Doch bedenke, wie es bei Kindern ist, deren Eltern an sie glauben, ungeachtet dessen, was die Umgebung den Kindern für einen Stempel aufdrücken will. Erfolg oder Misserfolg hängen entscheidend davon ab, ob es jemanden gibt, der an einen glaubt!
Das ist Liebe.
Sieh das Gute im anderen. Bleib dabei und bestehe darauf, erst recht, wenn sein Verhalten dem zu widersprechen scheint und deine ganze Umgebung darauf besteht, es sei ein hoffnungsloser Fall.
Hoffnungslose Fälle gibt es nicht.
Erzähle deiner Umgebung nicht von den Fehlern dieses Menschen, sondern hebe bei jeder Gelegenheit seine Stärken hervor.
Du wirst sehen, dass diese Stärken sich im Laufe der Zeit mehr und mehr zeigen. Weil du an diesen Menschen geglaubt hast. Weil du ihn liebst.
Dies mag wie ein Märchen klingen, doch ich lade dich ein, für dich selbst herauszufinden, ob vielleicht etwas an der Sache dran ist.
Würdest du dir nicht auch wünschen, dass ein Mensch, der dich liebt, dies für dich tut?
Du hast die Macht, die Menschen in deiner Umgebung positiv zu inspirieren. Glaube an dich.
Suche dir jetzt einen Menschen aus, an dem du diese Idee konsequent ausprobierst. Wer kommt dir in den Sinn? 🙂
Fange an, das Gute in ihm zu sehen, es hervorzuheben und dich ihm gegenüber so zu verhalten, als wäre es schon sichtbar.
Die schwierigsten Menschen in deinem Leben können deine besten Lehrer sein, um zu entdecken, dass du es in der Hand hast.
Freue dich, denn es wird etwas Magisches geschehen….!
Ich danke den beiden Menschen in meinen Leben, die mir am meisten geholfen haben, dieses Prinzip zu erkennen.
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